Volkslieder als Vorlage
Edgar Knecht Trio begeistert mit außergewöhnlichen Jazzkompositionen
Osterhofener Zeitung vom 01.11.2025, Bericht: Bert Umminger, Fotos: Michaela Roth-Haslbeck
Pleinting. Betritt man die Alte Kirche in Pleinting, empfängt einen ein unaufgeregter und ästhetisch einladender Raum. Auf der Bühne befinden sich ein Flügel, Kontrabass und Schlagzeug, die üblichen Instrumente eines Klaviertrios. Jedoch stutzt man wegen der Aufbauten auf dem Flügel. Dort scheint ein weiteres Instrument zu sein. Dazu später mehr. Gleich mit dem ersten Stück „Es führt über den Main eine Brücke aus Stein“, gelingt dem deutschen Pianisten Edgar Knecht eine einzigartige Symbiose aus Klassik, Jazz und deutschem Volkslied. Die zweite Komposition basiert auf dem Volkslied „Kein schöner Land in dieser Zeit“. Sie trägt den Titel „Beautiful Country“, weil, wie Edgar Knecht ausführte, der Missbrauch des deutschen Liedgutes durch den Rassismus und Nationalismus des Naziregimes dieses Genre kontaminiert hat. So möchte er die eigenen Wurzeln in ein weltoffenes Konzept stellen.
Das Trio mischt packende Rhythmen und berührend schöne Melodien.
Dieser Mischung wohnt eine große emotionale Kraft inne, die durch das Verbinden von Jazz, Klassik und dem eigenen musikalischen Erbe entsteht. Edgar Knecht gibt seinen Kompositionen eine Struktur, mit abwechselnd ausnotierten Passagen und freien Improvisationen. Seine Triopartner – Bassist Till Spohr und Schlagzeuger und Percussionist Tobias Schulte – sind kreativ in die Gestaltung der Musik eingebunden. So beginnt das Stück „Beautiful Country“ mit einer solistischen Basseinleitung, aus der sich ganz allmählich die Melodie von „Kein schöner Land“ herausschält.
Nicht nur deutsche, auch spanische und italienische Volkslieder inspirieren die Musiker. Bei dem spanischen Lied „Asturiana“ kommt ein besonderer Synthesizer zum Einsatz. Durch Drücken und Ziehen der Tasten können Lautstärke und Tonhöhe verändert werden. So kann der Pianist das Singen der Volksmelodien nachahmen. Bei „Es tönen dieLieder“ wird deutlich, dass Bass und Schlagzeug nicht nur begleitend tätig sind, sondern auch selbst tragende Parts übernehmen.
Alle drei Musiker sind zudem hervorragende Instrumentalisten. Beim letzten Stück des Abends wurde man mit Tarantalla nach Italien entführt. Tarantella ist ein alter süditalienischer Tanz, der immer intensiver und wilder wird und am Schluss in einer Ekstase endet. Dadurch, so geht die Legende, könne man den giftigen Biss einer Tarantel heilen. Das Trio begann in einem balladenhaften Tempo und steigerte sich zum Ende mit einem fulminanten Schlagzeugsolo.
Die begeisterten Zuhörer erklatschten sich eine Zugabe, der das Lied „Die Gedanken sind frei“ zugrunde lag. Auch hier zeigten die Musiker ihre Kreativität und ihre technischen Fertigkeiten.
Vor allem Tobias Schulte bearbeitete sein Schlagzeug mit Schlegel, Plastikröhren, Fingern und Stöcken. Auch seine Knie, Brust und Wangen wurden zur Klangerzeugung genutzt.
Mit der zweiten Herbstlaub-Veranstaltung haben die Jazz- und Musikfreunde Vilshofen wieder ein niveauvolles Konzert organisiert. Der Innenraum der Alten Kirche bot mit farbigem Licht einen würdigen Konzertrahmen.
Den Abschluss der diesjährigen Herbstlaub-Reihe bildet eine musikalische Lesung von und mit Schauspielerin Anna Veit. Die Lesung wird von Saxophonicum musikalisch umrahmt. Termin ist Sonntag, 9. November. Beginn um 18 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse oder unter jazz-vilshofen@gmx.de.