Dritter Tag des Ohefestes 2024
Nachmittags Cello Mediterran und abends ein italienische Liederbuch
Cello Mediterran
16:30 Uhr Salettl Niederalteich
„Suite italienne“ – Strawinski
„Adagio con Variazioni“ – Respighi
„Cello Sonate“ – Poulenc
„Cantabile D-Dur“ – Paganini
Jeremias Fliedl – Cello
Anna Gebhardt – Piano
Das Salettl des SGG Niederalteich bot einen wunderbaren Rahmen für das von den beiden Protagonisten dargebotene Programm.
Italienisches Liederbuch, 19:30 h Aula des SGG Niederalteich
Niederalteich: Elisabeth Freyhoff, Jonas Müller und Gerold Huber brillierten
Hugo Wolf ist in der Klassischen Musik durch seine Kunstlieder bekannt. Gesehnt hat er sich nach dem Ruhm als Opernkomponist. Darin eiferte er seinem Idol Richard Wagner nach, der mit seinem deklamatorischen Stil das Musiktheater revolutionierte. Aber Wolf hatte in dem Genre keinen Erfolg. Seine Opern schafften es nicht in das Repertoire und werden heute kaum gespielt. Umso mehr aber seine Lieder, die zu den Höhepunkten des romantischen Liedschaffens gehören.
Zum Abschluss des Ohefests war in Niederalteich Wolfs Italienisches Liederbuch zu hören. Darin schmachtet sich ein Liebespaar an, umgarnt sich, stößt sich ab, findet wieder zueinander, um sich am Ende dann doch zu verteufeln. Wolf breitet darin in einer deutlich von Wagner beeinflussten Sprachvertonung die ganze Bandbreite aus, die eine Liebesbeziehung bieten kann.
Das klingt nach großem Theater und tatsächlich verwandeln Elisabeth Freyhoff (Sopran) und Jonas Müller (Bariton) mit ihrem Klavierbegleiter Gerold Huber das Liederbuch in einen dramatischen Reigen, in dem beim Platzwechsel ebenso süße wie giftige Blicke gewechselt werden. Das erscheint umso glaubwürdiger, als das Gesangspaar durchgehend in der Rolle des Paars bleibt und sich so zusammenhängende Szenen ergeben, in denen man mit ihnen bangt, lacht und weint. Peter Ustinov fragte einmal, ob er die Mimik Nummer 21a oder 21b abrufen solle, als er gebeten wurde, schauspielerisch zu lachen. Elisabeth Freyhoff und Jonas Müller haben mindestens die 21 Lach- und viele andere Varianten drauf.
Man nimmt ihr das Miststück, die erotische Verführerin, die gebeutelte Geliebte ebenso ab wie ihm die Figur des armen Tropfs, des auftrumpfenden Latin Lovers oder des todessehnsüchtigen, ihr komplett Verfallenen. Dass beide neben einer verblüffenden Verwandlungsgabe über ebenso wandlungsfähige Stimmen verfügen, macht das Liederbuch dann zu einem wirklichen Erlebnis, zuweilen sogar kabarettistischer Art. Der Pianist Gerold Huber verwebt die Szenen mit einer hochkonzentrierten Klavierbegleitung ineinander, die alle Raffinessen des Wolfschen Klaviersatzes auslotet.
In der Werkbesprechung vor dem Konzert war zu erfahren, dass die Italienità, die man aus dem Titel heraus erwartet, in der Form nicht eingelöst wird. Wolf komponiert keine schwelgerischen Refrains zum Mitsingen, keine Canzone und Tarantelle nach italienischer Volksmusikart. Die Stücke sind Übersetzungen von italienischen Gedichten aus der Hand Paul Heyses und Wolf verwandelt sie in hochnervöse Musikgedichte, die individuell der poetischen Sprachmelodie flogen, nicht einem musikalischen Prinzip der Nachsingbarkeit. Also keine Lieder, die man abends in toskanischen Dörfern dahinpfeift.
Durch das Konzept der Dramatisierung löst das Sängerpaar aber dann doch die Italienità ein, von Beginn an bis zum Schluss, wo sich die enttäuschte Geliebte furienartig über den Untreuen hermacht und ihm eine giftige Schlange an den Hals wünscht. Im Publikum versank mach einer erschrocken im Stuhl. Temperamentvoller und vitaler geht es nicht, stimmlich strahlender auch nicht. Für das wie unmittelbar aus dem Leben gegriffene Konzert tosender Applaus und als Zugabe eine Verführungsszene, die den beiden wie auf den Leib geschneidert ist: Mozarts „Reich mir die Hand, mein Leben“ aus dem Don Giovanni.
Auf das Ohefest im nächsten Jahr darf man sich schon freuen.